25. April 2024
PferderechtRatgeber

Rechtliches: “Kind stürzt vom Pony und verletzt sich schwer”

Von Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Auch der beste Reiter hat mal klein angefangen. Gerade das Ponyreiten ist bei Kindern sehr beliebt. Reitunfälle sind gerade bei Reitanfängern in einer Reitstunde keine Seltenheit. Nicht jede Anweisung kann von einem Kind sofort richtig umgesetzt werden. Auch kann es zu einem Reitunfall kommen, obwohl der Reitschüler keinen Reitfehler begangen hat, wenn zum Beispiel das Pferd abrupt stopp, los galoppiert oder stolpert.

Grundsätzlich haftet der Pferdehalter gemäß § 833 BGB für Schäden die sein Pferd ihm oder Dritten zufügt bzw. sich selbst zuzieht

Wann haftet der Reitlehrer / Reitaufseher?
Kinder und Pferde – in dieser Konstellation kommt es nicht selten zu Unfällen. Viele aufgeregte Kinder in einer Gruppe, nervöse Pferde oder auch unerfahrene Mitarbeiter sind oftmals der Auslöser für Unachtsamkeit. Dabei ergibt sich die Haftung regelmäßig aus der Verletzung von Sorgfaltspflichten des Reitlehrers oder anderen Angestellten.

Sorgfaltspflicht des Reitlehrers
Kommt es zu einem Unfall, muss der Reitlehrer oder Mitarbeiter beweisen, dass er die Sorgfaltspflichten gewahrt hat. Der Reitlehrer muss folglich dafür Sorge tragen, dass die Schüler ein geeignetes Lehrpferd reiten und er die Unterrichtseinheit an den Leistungsstand der Schüler anpasst.

Kinder auf Pferden
In einem vor dem Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheidenden Fall stürzte ein Kind von einem lieben und ruhigen Pony im Rahmen des freien und unbeaufsichtigten Reitens und zog sich schwere Verletzungen zu. Das Gericht nahm keine Pflichtverletzung des Reitlehrers beziehungsweise der Reitaufsicht an. Die Entscheidung begründete das Oberlandesgericht Oldenburg damit, dass die entstanden schweren Verletzungen des Kindes durch den Sturz vom Pferd auch mit einer Aufsicht nicht zu verhindern gewesen wäre. Das sich das Kind dabei so schwer verletzte, sahen die Richter als allgemeines Lebensrisiko an.

Ähnlich entschied das Oberlandesgericht Hamm in einem den Fall des Ponyführens. Eine Angestellte der Reitschule führte ein Kind an der Longe im Kreis. Das Kind saß auf einer Decke mit Voltigiergurt, der mit Haltegriffen ausgestattet war. Auf Kommando sollten die Kinder freihändig sitzen und klatschen. Dabei verlor das Kind das Gleichgewicht, fiel vom Pony und zog sich erhebliche Verletzungen zu.

Die Eltern forderten Schmerzensgeld von der Reitschule und waren der Ansicht, dass die Angestellte der Reitschule ihre Aufsichtspflicht verletzt hatte. Das Gericht lehnte dies ab und führte zur Begründung aus, dass die Reitschule ihre Mitarbeiterin gewissenhaft ausgesucht und eingesetzt habe und kein Fehlverhalten erkennbar war. Da das Kind zuvor bereits getrabt und galoppiert war, handelte es sich nicht um eine Übung, die dem Kind nicht zumutbar war oder es überforderte. Die Mitarbeiterin versuchte das Abrutschen zu verhindern, der Fehlversuch wurde ihr nicht als Mitverschulden zur Last gelegt.

Pferde als Nutztiere
Kommt es zu Unfällen mit Nutztieren ist für die Haftungsfrage wichtig, ob der Reitlehrer bei der Beaufsichtigung der Pferde und der Reitschüler die erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder ob der Schaden auch ohne diese Sorgfalt eingetreten wäre.

In derartigen Konstellationen, trifft den Reitverein oder den Reitlehrer eine Beweispflicht, dass er die erforderliche Sorgfalt bei der Beaufsichtigung der Tiere beachtet hat und ist unter Umständen von der Haftung befreit (sogenannte Exkulpation).

Wer haftet, wenn der Reitschüler einen Fehler macht?
Nicht immer beruht ein Reitunfall allein auf tierspezifischem Verhalten wie Steigen, Scheuen oder Bocken. Manchmal setzt der Reitschüler die Anweisungen des Reitlehrers falsch um oder behandelt das Pferd grob, sodass es sich dem Reiter widersetzt. Insbesondere beim Springen kann die falsche Kommunikation von Reiter zu Pferd zu schweren Stürzen führen, wenn das Pferd verweigert oder sich überspringt.

Das Oberlandesgericht in Düsseldorf (4 U 207/01) erklärte in einem seiner Urteile, dass der Reitschüler grundsätzlich die meiste Einwirkung auf das Pferd während des Reitunterrichts hat, jedoch gerade bei Reitanfängern wiederholte Fehler „normal“ sind. Folglich dienen meist geduldige und ruhige Pferde als Lehrpferde, die Reitfehler verzeihen ohne heftig zu reagieren. In dem Fall vor dem OLG Düsseldorf lehnten die Richter ein Mitverschulden des Reitschülers folglich ab. Somit haftet grundsätzlich die Reitschule für Unfälle, die auf tierspezifischem Verhalten beruhen.


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