RECHTSTIPP: Wer trägt die Verantwortung für einen Sturz aufgrund eines reiterlichen Fehlers?
Von Rechtsanwalt Andreas Ackenheil
Wenn es zu Stürzen oder Unfällen durch Pferde kommt, die auf reiterliches Fehlverhalten oder grobe Nachlässigkeit des Reiters zurückzuführen sind, stellt sich die Frage nach der rechtlichen Haftung und den damit verbundenen Konsequenzen. In erster Linie haftet der Pferdehalter für die durch das Pferd verursachten Schäden. Dies ergibt sich aus § 833 Satz 1 BGB, der besagt, dass der Halter für alle Schäden haftet, die sein Tier anrichtet.
Diese sogenannte Gefährdungshaftung basiert auf der Tatsache, dass Tiere spezifische Risiken bergen. Der Sinn dieser Haftung besteht darin, Dritten Ansprüche zu ermöglichen, da die Haltung von Tieren eine erhebliche Verantwortung und eine potenzielle Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Tiere wie Pferde haben beträchtliche Körperkräfte und ihr Verhalten kann unvorhersehbar sein.
Allerdings gibt es Ausnahmen von der Tierhalterhaftung gemäß § 833 Satz 1 BGB. Wenn ein Nutztier einen Schaden verursacht, kann sich der Halter gemäß § 833 Satz 2 BGB entlasten. Der Halter muss dann beweisen (Beweislastumkehr), dass der Schaden auch bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre. Diese Entlastung ist nur möglich, wenn das Pferd als “Nutztier” im Sinne des § 833 Satz 2 BGB gilt, also dem Beruf oder Lebensunterhalt des Halters dient, wie etwa bei einem Reitschulpferd. In solchen Fällen kann sich der Halter entlasten, wenn er nachweisen kann, dass er die notwendige Sorgfalt beachtet hat und der Schaden dennoch eingetreten ist.
Unfälle können jedoch auch durch Fehler des Reiters oder durch mangelnde Sicherheits-vorkehrungen verursacht werden. Wenn ein Reitschüler stürzt, weil er das Pferd geschlagen oder anderweitig falsch auf das Pferd eingewirkt hat, kann der Schadenersatzanspruch des Geschädigten gemäß § 254 BGB wegen Mitverschuldens gekürzt werden. Beispielsweise könnte ein Reitschüler trotz anderer Anweisungen das Pferd falsch auf ein Hindernis anreiten oder ein zu hohes Hindernis wählen und dadurch eine Verweigerung des Pferdes provozieren. In solchen Fällen ist das fahrlässige Verhalten des Reiters die Hauptursache für den Unfall, sodass ein Mitverschulden bis zu 100 Prozent angenommen werden kann.
Das Risiko von Unfällen kann verringert werden, wenn junge Reiter stets beaufsichtigt werden und von Anfang an lernen, wie sie sich gegenüber dem Pferd korrekt verhalten. Junge Reiter sollten niemals ohne geschulte Aufsicht mit dem Pferd umgehen. Gute Reitschulen stellen immer Helfer zur Verfügung, die den Kindern helfen, die Pferde für den Unterricht vorzubereiten und die Abläufe zu erklären. Auch im Reitunterricht gibt es Regeln, die regelmäßig abgefragt werden, sodass sie zur Selbstverständlichkeit werden. Dazu gehören Bahn- und Vorfahrtsregeln. Je besser diese Abläufe geübt werden und je respektvoller die Pferdebetreuung ist, desto weniger Unfälle entstehen durch reiterliches Unvermögen.
Tipp vom Pferderecht-Experten Anwalt Ackenheil:
Gemäß der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach § 833 BGB haftet grundsätzlich der Tierhalter für die Schäden, die sein Pferd verursacht. Inwieweit jedoch zusätzliche Umstände diese Haftung einschränken oder aufheben können, hängt vom Einzelfall ab. Ziehen Sie daher frühzeitig einen Spezialisten hinzu.