Vierbeinige Legende im Alter von 29 Jahren gestorben
Zum Tod von Hinrich Romeikes Olympiapferd Marius
Sie waren das Dreamteam der deutschen Vielseitigkeit: Der Zahnarzt Hinrich Romeike und sein Holsteiner Marius machten 2008 das Unmögliche wahr und wurden in Hongkong Olympiasieger in der Team- und Einzelwertung. Wie jetzt bekannt wurde, musste Marius im Juni aufgrund einer schweren Kolik eingeschläfert werden. Er wurde 29 Jahre alt. „Das ging mir so nahe, dass ich zunächst überhaupt nicht darüber reden wollte. Das hätte ich selbst nicht gedacht, aber diese plötzliche Endgültigkeit hat mich sehr getroffen. Er war für mich ein absolut besonderes Pferd, stand ja auch immer auch meiner Hausweide und war immer da. Marius war ein Teil meines Lebens, der jetzt unwiederbringlich vorbei ist“, sagt Hinrich Romeike. Ein Gendenkstein am Reitplatz auf dem Hof in Nübbel wird auch künftig die Erinnerung an den großartigen Schimmel wachhalten.
Der Condrieux-Sohn Marius entstammt der Zucht von Hans-Werner Ritters aus Krumstedt, der mit Classic Touch bereits 1992 als Züchter für eine vierbeinige Olympiasiegerin verantwortlich zeichnete. Schon als junges Sportpferd machte Marius auf seine Qualität für den Vielseitigkeitssport aufmerksam. „Ich habe ihn erstmals vierjährig auf einem Talenttag für junge Vielseitigkeitspferde in Elmshorn gesehen und auf den ersten Blick gedacht: Wow, was für ein tolles Pferd, erinnert sich Romeike. Fünfjährig kam der Schimmel dann in seinen Stall. Auch dem heutigen Bundestrainer Peter Thomsen fiel er auf Anhieb während eines Lehrgang auf als „ein Pferd mit viel Vermögen, das seinem Reiter auch mal half, wenn es nicht passte.“
Schritt für Schritt ging es mit der Karriere der beiden Holsteiner weiter. Hinrich Romeike und Marius nahmen zwei Mal an den Bundeschampionaten teil. 2002 startete das Paar hier seine Karriere in Luhmühlen mit einem Sieg der Holsteiner Mannschaft und einem zweiten Platz in der Einzelwertung des Bundeswettkampfes, ein Jahr später wurden sie an gleicher Stelle Deutsche Vizemeister und für ihr erstes Championat, die Europameisterschaften in Punchestown/Irland nominiert. Die deutsche Mannschaft agierte dort eher glücklos, Romeike und Marius als Einzelstarter erzielten mit Platz 15 das beste Ergebnis aus deutscher Sicht. Insgesamt bestritten Hinrich Romeike und sein Schimmel drei Europameisterschaften (2003, 2005 und 2007), wurden 2006 Mannschaftsweltmeister in Aachen. Im selben Jahr gewannen die beiden in Marbach ihre erste Prüfung auf internationalem Topniveau – mit zehn Punkten Abstand auf die „Profis“, die hinter dem Amateur das Berufsreiterchampionat unter sich ausmachen. „Das war schon ein geiles Gefühl“, erinnert sich Romeike schmunzelnd.
Die Höhepunkte ihrer Karriere war die Teilnahme an zwei Olympischen Spielen. In Athen 2004 wurde Romeike Fünfter der Einzelwertung. Die Goldmedaille wurde der deutschen Mannschaft jedoch bekanntlich aberkannt, was Hinrich Romeike zu seinen künftigen Höhenflügen anspornte. Vier Jahre später klappte es dann in Hongkong: Deutschland gewann Gold und für Hinrich Romeike und Marius erfüllte sich darüber hinaus der Traum vom Einzel-Olympiasieg. „Ich bin so oft zu Marius gefragt worden, dass eigentlich alles gesagt ist. Er hat mich zum Mond gebracht und wieder zurück, er hat das Unmögliche wahr gemacht, das ist einfach verrückt“, sagt Romeike. „Besonders freut mich aber auch, dass wir auch mit unseren Erfolgen andere Reiter und Züchter motivieren und inspirieren konnten. Dass wir gezeigt haben, dass man als Amateur mit einem tollen Pferd solche Erfolge erzielen kann. Du musst es nur probieren. Du hast nur dann keine Chance, wenn du es nicht versuchst!“
Anfang 2012 gab Hinrich Romeike bekannt, dass er keinen Versuch mehr unternehmen werde, seinen Titel in London zu verteidigen. Im Sommer wurde Marius in Luhmühlen offiziell aus dem Sport verabschiedet. Gemeinsam wurde das Paar in die „Hall of Fame“ des Vielseitigkeitssports aufgenommen.
Sein Rentnerdasein verbrachte Marius als „Chef eines Kindergartens“. Auf Romeikes Hof in Nübbel bei Rendsburg erzog er die dortigen Jungpferde. Heute stehen gleich mehrere junge Pferde aus der Ritterschen Zucht und dem Stamm von Marius in Nübbel auf dem Hof, um sportlich wie züchterisch die Tradition fortzusetzen. „So habe ich ihn immer noch ein bisschen bei mir“, sagt Romeike.