25. April 2024
Pferderecht

Virus-Ausbruch im Stall: Ansprüche gegen den Stallbetreiber?

Von Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Habe ich Ansprüche gegen den Stallbetreiber, wenn ein neues Pferd einen Virus einschleppt und mein Pferd krank wird?

In Ausbildungs- und Turnierställen kommt es, genau wie in Handelsställen immer wieder vor, dass Pferde vorübergehend neben den Einstellerpferden einziehen. Wird der Impfschutz der neuen Pferde nur flüchtig überprüft, kann es vorkommen das Pferde ohne Auffrischungsimpfung einziehen oder gar Viruserkrankungen einschleppen. Durch den Stress des Umzugs brechen die Krankheiten erst nach ein paar Tagen im Stall aus.

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Wenn ein solches Pferd dann im neuen Stall erkrankt und dies nicht früh genug erkannt wird, kann sich der Virus schnell im ganzen Stalltrakt ausbreiten. Je nach Pferd, kann sich die Erkrankung stark auf den Körper des Pferdes auswirken und im schlimmsten Fall zum Tod führen.

Hohe Tierarztrechnungen und Kosten für Quarantänemaßnahmen sind vorprogrammiert. Zählen zu den betroffenen Pferden auch hocherfolgreiche Sportpferde, die für längere Zeit ausfallen oder Zuchtstuten die Fehlgeburten erleiden, kann das finanziell sehr problematisch für den Stallbetreiber oder den Einsteller werden. Hierbei stellt sich die Frage, wer für die Schäden aufkommen muss?

Wer muss für den Schaden aufkommen?

Zunächst sollte der Einsteller sich vergewissern, welche Ansprüche ihm aus dem Pflichtenkatalog des Einstellervertrages zustehen. Gemäß § 688 BGB ist der Pensionsstallbetreiber, als Verwahrer des Pferdes verpflichtet, die ihm übergebene Sache ordnungsgemäß aufzubewahren. Zu den Hauptpflichten des Pensionsstallbetreibers gehört es, die Obhut für das bei ihm untergebrachte Tier zu übernehmen. Es besteht für den Stallbetreiber grundsätzlich die Pflicht, das Pferd gegen „Zerstören, Beschädigung, und Verlust“ zu schützen.

Ein entscheidender Punkt ist zudem, ob der Stallbesitzer die Erkrankung hätte erkennen müssen. Hierbei spielt die Inkubationszeit eine wichtige Rolle. Kann man beweisen, dass das Pferd in dieser Zeit Krankheitssymptome gezeigt hat, so haftet der Betreiber für die mangelhafte Integration des Pferdes in die Stallgemeinschaft.

Eine weitere Pflicht des Stallbetreibers ist die Sicherstellung, dass keine Gefahren für das eingestellte Pferd, den Eigentümer, dessen Reitbeteiligungen und andere Einsteller drohen. Verletzt der Stallbetreiber eine solche Pflicht, beispielsweise wenn er ein krankes Pferd kauft und zu den gesunden Pferden stellt, dann führt das auch zu einer Schadensersatzpflicht des Reitstallbetreibers. Es genügt, dass die Verletzung der Obhutspflicht leicht fahrlässig gemäß § 276 II BGB herbeigeführt wurde. Vergewissert sich der Stallbetreiber nicht, dass das Pferd gesund ist und den nötigen Impfschutz mitbringt, so muss er den Schaden ersetzen.

Kann der Stallbetreiber seine Haftung für derartige Fälle ausschließen?

In Einstellerverträgen befinden sich oftmals sogenannte Haftungsbeschränkungen, die als „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ anzusehen sind. Mithilfe dieser, versucht der Stallbetreiber seine Haftung nur auf Vorsatz und grob fahrlässiges Verhalten zu beschränken. Derartige Klauseln sind allerdings rechtswidrig! Sie benachteiligen den Einsteller und richten sich gegen die Natur des Vertrages, weil sie den Vertragszweck gefährden.

Was muss der Pensionsstallbetreiber tun, wenn eine Viruserkrankung in seinem Stall ausbricht?

Der Pensionsstallbetreiber muss, wenn er den Verdacht einer Erkrankung eines Pferdes hat, umgehend alle Einsteller benachrichtigen und schnellst möglich das kranke Pferd von den, noch gesunden Pferden, isolieren. Das klingt leichter als gedacht und ist in der Praxis nur schwer umsetzbar. Manche Pferde können bereits infiziert sein, auch wenn sie noch keine Krankheitssymptome zeigen. Zudem sollten strenge Hygienestandards eingehalten werden. Je mehr Betrieb auf dem Hof herrscht, desto wichtiger sind sie!

Wichtig ist es, neue Pferde zunächst ein paar Tage in einem gesonderten Stall zu halten. In diesem Quarantänestall können die neuen Pferde beobachtet werden und der Kontakt zu gesunden Pferden wird vermieden. Auf Turnierpferde, die bei einem Übernachtungsturnier waren, sollte man ein Auge haben. Es ist nicht selten, dass sie sich in den Stallzelten etwas eingefangen haben. Ein gemeinsames und regelmäßiges Impf- und Entwurmungsmanagement sind unerlässlich.

Auch die Mitarbeiter und alle Personen, die Zutritt zu den Pferden haben, sollten die tägliche Hygienepraxis wie Händewaschen, Desinfizieren etc. durchführen.

Der Pensionsstallbetreiber sollte sich außerdem, über die Qualität des Futters und Wassers vergewissern und für Ordnung in der Stallarbeit sorgen. Eine klare Trennung von Fütterungs- und Mistzubehör sollten in jedem Reitstall selbstverständlich sein. Auch die Weiden und Ausläufe sollten regelmäßig abgeäppelt werden und auf Verschmutzungen überprüft werden.

Trägt allein der Stallbetreiber die Verantwortung für das Ausmaß der Erkrankung?

Nein. Grundsätzlich haftet der Halter des Pferdes aus der Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB für die Schäden, die das Pferd verursacht. Das bedeutet, dass der Pferdehalter, der sein Pferd zum Beritt in einen anderen Stall gibt, auch dafür Sorge tragen muss, dass das Pferd über den nötigen Impfschutz verfügt.

Da es sich bei der Tierhalterhaftung um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung handelt, kann sich der Pferdehalter nicht entlasten, wenn er sich darauf beruft, dass das Pferd noch zu jung war und die Impfung deshalb nicht durchgeführt wurde.

Fazit:

Das Halten eines Pferdes erfordert Verantwortung. Der Pferdehalter sollte regelmäßige Tierarztkontrollen durchführen lassen und zum Schutze seines Pferdes die Impfungen regelmäßig auffrischen. Bevor das Pferd in einen neuen Stall zieht, sollte man sich informieren, welche gesundheitlichen Voraussetzungen das Pferd erfüllen muss. Wird an alles gedacht, steht einem Umzug oder dem ersten Turnierstart nichts mehr im Wege.


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