11. Dezember 2024
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RECHTSTIPP: Pferd gerät beim Tierarzt in Panik – Wer haftet für Schäden?

Experte für Pferderecht: Rechtsanwalt Ackenheil.

Von Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Die Gesundheit des Pferdes ist oberste Priorität für den Pferdebesitzer. Regelmäßige tierärztlichen Untersuchungen sind dabei unerlässlich. Gerade bei Anzeichen von Krankheiten sollte schnell ein Tierarzt konsultiert werden. Tierärztliche Behandlungen sind, wie jeder Pferdebesitzer weiß, gerade bei Pferden teuer. Was nun, wenn das Pferd beim Tierarzt in Panik gerät und dabei ein teures Diagnosegerät zerstört? Plötzlich findet man auf der Tierarztrechnung dann nicht nur die einzelnen Posten der Behandlung, sondern auch das zerstörte Gerät. Ist dies rechtens?

 

 

 

Pferd bricht während der tierärztlichen Behandlung in Panik aus und tritt auf ein Endoskop

In einem solchen Fall sah sich das Oberlandesgericht in Jena mit folgender Situation konfrontiert: Ein Betreiber einer Großtierklinik reichte eine Klage ein, nachdem während der Behandlung einer Stute Sachschaden entstand. Die Stute wurde aufgrund von chronischem Husten und Nasenbluten in die Klinik gebracht. Während der Behandlung entzog sich das Pferd unerwartet, verursachte das Herausrutschen des Endoskops und beschädigte es. Die Reparaturkosten beliefen sich auf über 6.700,00 €.

Die Klinik forderte Schadensersatz von der Pferdebesitzerin und betonte, dass die Schuld am Schaden allein am Verhalten der Stute lag. Die Großtierklinik verlangte von der Pferdehalterin die Erstattung der Reparaturkosten und stützte ihren Anspruch darauf, dass durch das Verhalten des Pferdes und nicht durch Fehler bei der Behandlung der Schaden verursacht wurde. Die Frage, ob die Tierklinik Anspruch auf Schadensersatz gegen die Tierhalterin hat, oder ein Verschulden auf Seiten der Tierarzthelfer oder des Tierarztes vorlag, musste vor Gericht geklärt werden.

Pferdebesitzer haften für den Schaden den ihr Pferd verursacht. Immer?

Die Haftung im Alltag dient dazu, Schäden durch fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten zu regulieren. Der Sinn und Zweck der Haftung besteht darin, den Geschädigten in den Zustand zu versetzen, als wäre der Schaden nicht eingetreten. Sie dient der Folgenbeseitigung schädlichen Verhaltens und soll nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch immaterielle Schäden ausgleichen.

Im Falle von Tieren besteht eine besondere Haftung, die auf der Gefährdungshaftung basiert. Gemäß § 833 BGB ist die Gefährdungshaftung gesetzlich verankert. Tierhalter haften für Schäden, die ihre Tiere verursachen, ohne dass ein Verschulden nachgewiesen werden muss. Dies bedeutet in erster Linie: Tritt ein Schaden ein, bei dem ein Tier beteiligt ist, wird die Verbindung zwischen tatsächlicher Schuld und dem eingetretenen Schaden aufgehoben. Der Tierhalter haftet verschuldensunabhängig. Gesetzlich verankert ist dieses Prinzip der Gefährdungshaftung im § 833 BGB. Die Tiergefahr muss als „typisch“ eingestuft werden. Die Haftung hieraus besteht unabhängig davon, ob der Tierhalter oder das Tier tatsächlich schuldhaft gehandelt hat. Der Tierhalter hat die Möglichkeit, seine „Unschuld“ zu beweisen und sich so von der Haftungsverpflichtung zu befreien oder diese zumindest zu beschränken.

In Bezug auf Tierärzte und ihre Tätigkeit stellt sich die Frage, ob ihre fachliche Kenntnis den Haftungsumfang beeinflusst. Obwohl § 833 Satz 1 BGB die Gefährdungshaftung regelt, gibt es kontroverse Diskussionen darüber, wie Fälle zu behandeln sind, in denen ein behandelnder Tierarzt durch tierisches Verhalten geschädigt wird. Einigkeit besteht darin, dass ein Tierarzt, der beispielsweise ein Pferd behandelt, nicht auf eigene Gefahr handelt. Er setzt sich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit der Tiergefahr aus, und dies gilt auch für die Instrumente, die er verwendet.

Das Gericht verneinte im Urteil einen Anspruch des Tierarztes gegen die Pferdehalterin. Es argumentierte, dass der Schaden nicht vom Schutzzweck des § 833 BGB erfasst sei und die Tierhalterin nicht in der Haftung stehe. Das Herausrutschen des Endoskops sei, nach Ansicht des hinzugezogenen Sachverständigen, ein Fehler in der Behandlung der Tierarzthelfer gewesen, diese hätten das Pferd nicht ausreichend bzw. das Endoskop nicht ausreichend fixiert. Dadurch erst konnte das Pferd später durch Tritte auf das Gerät dieses beschädigen.

Das Gericht betonte die Freiheit des Tierarztes bei der Durchführung der Behandlung und stellte fest, dass der Schaden nicht innerhalb des Schutzbereichs des Gesetzes lag. Der Tierarzt müsse die Wirkung des Sedativums, das Fehlverhalten der Helfer und die Reaktion des Pferdes selbst tragen.


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